Zuverlässige Reichweitenprognosen
für einen reibungslosen Betrieb von Elektrobussen

MOBILErange erzeugt ein Modell für den Energieverbrauch des jeweiligen Fahrzeugs und berechnet als zentraler Dienst die für das jeweilige Subsystem erforderliche Reichweitenprognose, z.B. für das Lademanagement-, das Depotmanagementsystem oder das ITCS. © iStock

Wie hoch ist der aktuelle Ladezustand der E-Busse auf der Strecke? Reicht ihre Energie noch bis zum Ende des Umlaufes? Präzise Antworten auf diese Frage werden über den gesamten Betriebstag benötigt, um einen reibungslosen Betrieb der Elektrobusflotte zu ermöglichen. Nur so können nämlich im Fall nicht ausreichender Restreichweiten in der Leitstelle rechtzeitig entsprechende dispositive Maßnahmen ergriffen werden. Doch nicht nur die Leitstelle benötigt Informationen über die Reichweite der Elektrofahrzeuge. Im Depot erleichtern Reichweiteninformationen das Management von Ladevorgängen und in der Planung unterstützen sie bei der Umlaufzuordnung. Mit MOBILErange bietet INIT eine Lösung für die Reichweitenprognose an, die für alle nachgelagerten Systeme Reichweiten zuverlässig kalkuliert und zur Verfügung stellt. Dazu erzeugt MOBILErange ein Modell für den Energieverbrauch des jeweiligen Fahrzeugs und berechnet als zentraler Dienst die für das jeweilige Subsystem erforderliche Reichweitenprognose, z.B. für das Lademanagement-, das Depotmanagementsystem oder das ITCS.

Als Grundlage für die Berechnungen verwendet MOBILErange historische Fahrzeug- und Betriebsdaten aus dem Auswertungssystem MOBILEefficiency sowie aktuelle Daten wie das Wetter. Mit MOBILErange können Verkehrsunternehmen im betrieblichen Alltag den Ausfall von Fahrzeugen vermeiden und die Planung und Fahrzeugdisposition effizienter gestalten. Das System befindet sich bereits im produktiven Einsatz und unterstützt bereits einige Kunden dabei, die Kosten für den Einsatz der E-Bus-Flotte zu optimieren.

Zuverlässige Reichweitenprognosen bringen zahlreiche Vorteile

Zuverlässige Prognosen sind für den Betrieb der Elektrobusflotte umso wichtiger, als die Batteriekapazität nicht linear abnimmt. Im Idealfall bildet die Prognose den tatsächlichen Energiebedarf im Laufe des Betriebstags realitätsgetreu ab. Mit anderen Worten: der prognostizierte Verbrauch sollte möglichst genau dem tatsächlichen Verbrauch entsprechen. Davon profitieren sämtliche betrieblichen Bereiche. Das beginnt schon bei der Einsatzplanung: Eine zuverlässige Prognose führt dazu, dass weniger Reserven in der Planung mit einkalkuliert werden müssen und die E-Bus-Flotte effizienter eingesetzt werden kann. Das bedeutet, dass der Anteil der Energie, die produktiv auf Lastfahrten mit Fahrgästen eingesetzt werden kann, vergrößert werden kann. Bei großen Flotten fällt dieser reduzierte Anteil an Planungsreserven sogar so stark ins Gewicht, dass sich der Fahrzeugbedarf reduzieren lässt. So trägt eine zuverlässige Prognose dazu bei, die Kosten durch eine effizientere Nutzung der Elektrofahrzeuge zu reduzieren.

Auch in der Leitstelle bringt eine gute Reichweitenprognose zahlreiche Vorteile: Die Disponenten müssen weniger in den geplanten Ablauf eingreifen und haben, wenn die Reichweite tatsächlich einmal knapp wird, mehr Zeit, die entsprechenden Maßnahmen zu ergreifen. Am Ende des Umlaufs liefert eine gute Reichweitenprognose eine verlässliche Datenbasis für das Lademanagementsystem, das auf Basis der Restreichweite die erforderliche Ladung für den nächsten Tag planen kann. Für den nächsten Betriebstag kann auch das Depotmanagementsystem für die Umlaufzuteilung auf die Informationen der Reichweitenprognose zurückgreifen.  

Die Information über die Reichweite ist wichtig für den Betrieb der E-Flotte, zum Beispiel auch für das Management von Ladevorgängen und für Umlaufzuweisungen. © INIT/Ulrike Kabel

Zahlreiche Parameter fließen ein in die Prognose

Eine valide Prognose, die den tatsächlichen Verbrauch annähernd abbildet, ist das Ergebnis komplexer Rechenprozesse. Der Energieverbrauch hängt nämlich von einer großen Anzahl von Einflussfaktoren ab. Dazu zählt die Temperatur während des Betriebstags, denn Nebenverbraucher wie Heizung und Kühlung wirken sich stark auf den Energieverbrauch aus. Ebenfalls eine Rolle spielen Fahrzeugtyp, Fahrgastaufkommen, Topologie usw. Die meisten dieser Informationen sind bereits vor Umlaufbeginn für den zu prognostizierenden Umlauf bekannt und können in die Prognose einfließen. Dabei können beispielsweise die Temperaturinformationen über einen Wetterservice abgerufen werden. Betriebliche Informationen wie Umlauf, Linie und Fahrt sind natürlich ebenso vorab bekannt. Viele dieser Faktoren hängen stark von den Rahmenbedingungen des Verkehrsbetriebs ab: Ein Elektrofahrzeug, das in den Alpen eingesetzt wird, hat einen anderen Energieverbrauch als ein Fahrzeug desselben Typs in der Rheinebene. Auf der Basis der aufgezeichneten Verbrauchsdaten auf den einzelnen Streckenabschnitten prognostiziert MOBILErange unter Berücksichtigung der aktuellen Bedingungen die erwarteten Verbräuche für die Umläufe, Fahrten und Streckenabschnitte.

Ein Faktor, der sich ebenfalls auf den Energieverbrauch auswirkt, ist das Fahrgastaufkommen. Hier könnten künftig über eine Schnittstelle Besetztgradprognosen aus MOBILEguide, dem INIT System für Besetztgradinformationen für Bus und Bahn, genutzt werden, um die Reichweitenprognose noch weiter zu verfeinern.

Notwendige Planungsreserven

Unvorhergesehene Ereignisse wie Unfälle und alle anderen nicht vorab bekannten Parameter machen gewisse Planungsreserven erforderlich, die so klein wie möglich und so groß wie nötig einkalkuliert werden müssen, um die Fahrzeuge so effizient wie möglich einsetzen zu können.

Tendenziell wirkt sich ein zu hoch prognostizierter Verbrauch weniger auf den Betrieb aus als ein zu gering prognostizierter Verbrauch. Denn falls ein Fahrzeug mehr verbraucht, als prognostiziert wurde, kann dies im schlimmsten Fall dazu führen, dass es nicht eigenständig die nächste Ladestation erreicht.

Wichtig für die Bestimmung der optimalen Planungsreserve ist auch der Planungshorizont. Deshalb ist zu beachten, dass die unterschiedlichen Systeme, die zum Verwalten der Elektrofahrzeuge verwendet werden, unterschiedliche Planungshorizonte/Zeiträume abbilden. Das Planungssystem plant für die nächsten Wochen, Lade- und Depotmanagement planen für die nächsten ein bis zwei Betriebstage, und das ITCS betrachtet in der Regel nur den aktuellen Betriebstag. Je größer der Planungshorizont, umso größer sollte auch der Planungspuffer für die verfügbare Energie sein, da es hier größere Unsicherheiten gibt – beispielsweise beim Temperaturbereich. MOBILErange kann diesen Planungspuffer durch entsprechende Faktoren individuell für jedes System anpassen.

Generell gilt: Je mehr Elektrobusse eines Fahrzeugtyps auf derselben Linie bzw. demselben Umlauf unterwegs sind, umso schneller wird die notwendige Datenmenge erreicht, um die Prognose so weit verfeinern zu können, dass nur noch minimale Planungsreserven erforderlich sind.

Grundlage für die Prognose: Fahrzeugdaten über die FMS-Schnittstelle

Die Berechnungsgrundlage für die Reichweitenprognose liefern die aufgezeichneten Daten, die vom Bordrechner des Fahrzeugs über die FMS-Schnittstelle bereitgestellt werden. Hierbei handelt es sich um ein von einem Konsortium von Fahrzeugherstellern entwickeltes Kommunikationsprotokoll für die einheitliche, herstellerunabhängige Übergabe von Fahrzeugdaten an den Bordrechner. Für die Aufbereitung dieser Daten ergeben sich jedoch einige Herausforderungen, denn die FMS-Schnittstelle wurde ursprünglich für Dieselfahrzeuge entwickelt und enthält noch nicht genügend E-Mobilitätsparameter. Dies führt unter anderem dazu, dass nicht alle Fahrzeughersteller dieselben Daten liefern. Überdies liefern einige Fahrzeughersteller die Verbrauchsdaten in einer sehr geringen Auflösung (beispielsweise in 0,5 %- beziehungsweise 1,5 kWh-Schritten). Aus diesem Grund kann der Verbrauch auf kurzen Streckenabschnitten nicht explizit zugeordnet werden. Wenn beispielsweise der Haltestellenabstand sehr gering ist, erfolgt auf den Streckenabschnitten dazwischen keine Änderung des Ladezustands, und erst nach der dritten oder vierten Haltestelle ergibt sich eine Änderung. Die erforderliche Glättung und Aufbereitung der Daten beziehungsweise Aufteilung des Verbrauchs auf die kurzen Streckenabschnitte erfolgt in MOBILEefficiency.

Nicht immer sind die über die FMS-Schnittstelle gelieferten Daten plausibel. Nicht plausible Sprünge in den Verbrauchsdaten (beispielsweise 85 % ⇾ 5 % ⇾ 84 % auf einem Streckenabschnitt von 300 Metern) werden aus den Daten herausgefiltert und nicht für die Prognose berücksichtigt, weil sie das Ergebnis stark verfälschen würden. Eine weitere Herausforderung ergibt sich dadurch, dass Verbräuche von Nebenverbrauchern wie Klimaanlage, Heizung oder Bordelektrik häufig nicht explizit ausgegeben werden.

Die Notwendigkeit zur Verbesserung der Datenqualität von Elektrobussen wurde vom VDV (Verband Deutscher Verkehrsunternehmen) bereits erkannt. Derzeit ist die VDV Schrift 238 in Arbeit, die unter anderem einen standardisierten Datensatz für Elektrobusse definiert. MOBILErange leistet heute schon einen entscheidenden Beitrag für den effizienten Einsatz von E-Bussen. Mit der Umsetzung der künftigen VDV-Schrift 238 und der Verbesserung der Datengrundlage wird es möglich sein, die Reichweitenprognosen noch weiter zu verfeinern.