Autonomes Fahren: ÖV-LeitmotiF-KI

INIT forscht mit Partnern an der Integration autonomer Fahrzeuge in die ÖV-Systeme

autonomes Fahrzeug im Hintergrund, davor steht eine Frau mit Brille

(c) iStock | INIT

Über 60 laufende und abgeschlossene Forschungsprojekte beschäftig(t)en sich allein in Deutschland mit dem Thema „autonomes Fahren“. Dazu zählt auch das durch den VDV geleitete Projekt ÖV-LeitmotiF-KI. Hierin arbeitet INIT gemeinsam mit namhaften Konsortialpartnern an einer Erweiterung der VDV Schrift 435 („Internet of Mobility – IoM“) zur Integration autonomer Fahrzeuge in die ÖV-Systemlandschaft.

Im Kern geht es darum, eine Referenzarchitektur zur Integration autonomer Fahrzeuge zu erarbeiten, die zukünftig in einen neuen VDV-Standard integriert werden soll. Ein wesentlicher Bestandteil dabei ist die Verbesserung und Erweiterung der VDV-Schrift 435 um die Kommunikation zwischen Leitsystem und Bordrechner bei klassisch fahrergesteuerten UND autonomen Fahrzeugen. Die VDV 435 gibt eine Orientierung, wie neue Technologien wie Big Data und KI für die betriebliche Automatisierung angewendet werden können. Sie beschreibt, wie Systeme über einen Datenvermittler in Form eines Datenbrokers ihre Daten offen und diskriminierungsfrei für die Weiterverarbeitung in anderen betrieblichen Systemen verfügbar machen können.

Mit erfahrenen Projektpartnern zur Standardisierung

Sieben erfahrene Projektpartner aus Industrie und Wissenschaft forschen im Projektrahmen gemeinsam am Standard für die Einbindung automatisierter Fahrzeuge in Leit- und Steuerungssysteme. Neben INIT sind das renommierte wissenschaftliche Einrichtungen wie das Karlsruher FZI Forschungszentrum Informatik, das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und die Technische Universität Ilmenau (TUIL). Industrie seitig arbeiten die ESE Engineering und Softwareentwicklung GmbH sowie die IVU Traffic Technologies in dem Projekt mit, das der VDV koordiniert.

Projektinhalte und Ziele

INIT betrachtet gemeinsam mit der IVU und dem FZI im Rahmen des Projektes herstelleroffene Schnittstellen. Konkret geht es darum zu klären, wie Schnittstellen aufgebaut sein müssen, damit Leitsysteme, fahrzeugseitige Komponenten (Bordrechner) sowie Systeme der Hersteller autonomer Fahrzeuge (AD, d. h. Automated Driving) herstellerunabhängig in jeglicher Kombination für den Betrieb autonomer Fahrzeuge eingesetzt werden können. Dazu wurden im Projektverlauf Schnittstellen auf Basis der VDV-Schrift 435 spezifiziert und für einen bevorstehenden Feldtest mit zwei autonomen Shuttles des FZI in den Systemen der IVU und der INIT implementiert. Hier sollen etwa dispositive Maßnahmen, aber auch der Normalbetrieb getestet werden, auch im Hinblick auf die Interoperabilität von Systemen verschiedener Hersteller.

Eine Referenzarchitektur wurde als Grundlage für die Spezifikationen und die Implementierung erstellt. Zusätzlich wurden Komponenten und Schnittstellenbeschreibungen definiert. Diese Referenzarchitektur lässt sich in zentral- sowie fahrzeugseitige und zugleich in ÖV- sowie AD-seitige Komponenten und Verantwortlichkeiten aufteilen. So gibt es neben standardmäßigen ÖV-ÖV Schnittstellen, bspw. zur Fahrplandatenübermittlung, auch ÖV-AD Schnittstellen bspw. zur Missionsübertragung. Als Missionen werden Befehle bezeichnet, die aus Fahrplänen und Fahraufträgen (von ÖV-Seite) erstellt werden, die beschreiben, wie das Fahrzeug von einem Punkt zu einem anderen Punkt fahren soll. Dazu zählt ggf. auch die Information, dass am Ende einer Mission ein Fahrgastwechsel stattfinden soll. Aus diesen Missionen generiert die AD-Seite dann je nach Hersteller genauere Informationen für das Fahrzeug, damit dieses autonom fahren kann.

Die Trennung in ÖV- und AD-seitige Komponenten hat zugleich sicherheitstechnische Aspekte: Die notwendigen Zertifizierungen der sicherheitskritischen Komponenten werden durch die AD-Systeme abgedeckt, sodass die ÖV-Seite weiterhin flexibel bleibt und gleichzeitig die Hoheit über die ÖV-Funktionen beibehält.

Durch die TU Ilmenau wird mithilfe eines Laboraufbaus – und zwar eines nachgebauten Fahrzeuginnenraums – die Interaktion mit den Fahrgästen in autonomen Fahrzeugen beleuchtet. Als Beispiel: Welche und wie viele Knöpfe (einer oder mehrere) muss es im Fahrzeug geben, damit Fahrgäste Informationen zur Fahrt abrufen, aber auch in Notsituationen um Hilfe rufen können? Kurz: Was wird im Fahrzeuginnenraum benötigt, um Fahrpersonal zu ersetzen?

Zudem wurden die bisher im Projekt erarbeiteten Inhalte für einen neuen Standard aus Nutzersicht bei Verkehrsbetrieben evaluiert. Das Referenzmodell wurde handelnden Personen, z. B. DisponentInnen in Verkehrsunternehmen vorgelegt, denn sie sind diejenigen, die in der Zukunft damit arbeiten. Die ESE liefert im Projekt eine sicherheitstechnische Betrachtung der erarbeiteten Projektinhalte, um auch den juristischen Anforderungen zu entsprechen. Vom FZI werden Shuttlebusse der Firma EasyMile mit einer selbstentwickelten autonomen Fahrfunktion zur Verfügung gestellt. Die Planung des Feldtestes auf dem Campus Ost des KIT erfolgt ebenfalls über das FZI in enger Zusammenarbeit mit IVU und INIT. Das KIT ist federführend an der Erarbeitung des Referenzmodells beteiligt und bringt gleichzeitig Expertise im Bereich KI in das Projekt ein.

Mehrwert durch das Projekt

Die Erarbeitung eines neuen VDV-Standards zur Integration autonomer Fahrzeuge in bestehende ÖV-Systeme soll den Verkehrsbetrieben zukünftig den Integrationsprozess in den Realbetrieb erleichtern und die Interoperabilität zwischen verschiedenen Systemen fördern. Durch eine möglichst nahtlose Integration der ADFahrzeuge in die ÖV-Systeme kann man diese Fahrzeuge ähnlich wie konventionell mit Fahrpersonal betriebene Fahrzeuge behandeln, bspw. eine dispositive Maßnahme ausführen. So wird systemseitig der Weg hin zu einem Produktivbetrieb mit autonomen Fahrzeugen gefördert.

Die Bedeutung autonomer Fahrzeuge in der Zukunft steht außer Frage. Daher nahm INIT das Forschungsprojekt auch zum Anlass, automatisierte Fahrzeuge bei der Weiterentwicklung des Intermodal Transport Control Systems MOBILE-ITCS nextGen zu berücksichtigen, um Verkehrsunternehmen das künftige Monitoring von autonomen und nicht autonomen Fahrzeugen in einem Betriebsleitsystem zu ermöglichen.

Kontakt

Yasmin Dufner

R&D Manager

INIT GmbH

Deutschland